Medizinische Grundlagen der Mikrobiologischen Therapie und Wirkprinzip
Die Besiedlung der menschlichen Schleimhäute mit nützlichen Bakterien hat eine wichtige Schutzfunktion, um Krankheitserreger und allergen wirkende Stoffe oder Chemikalien abzuwehren. In der Behandlung vieler Störungen des Immunsystems oder der Verdauung ist die Besiedlung des Darmes mit nützlichen Bakterien von zentraler Bedeutung, da sie ein übergeordnetes Kontroll- und Regelsystem gegenüber allen anderen Schleimhautsystemen darstellt. Alle Mikroorganismen zusammen bilden im Darm die Darmflora.
Die Darmflora haben lebenswichtige Aufgaben für die Gesunderhaltung unseres Körpers. Der Darm ist nicht nur das größte Organ des menschlichen Körpers sondern auch das größte Immunorgan. Darmbakterien regulieren Teile des Stoffwechsels, trainieren das Immunsystem, helfen bei der Abwehr schädlicher Mikroorganismen, produzieren Vitamine, ernähren die Darmschleimhaut, regen die Darmmotilität (Peristaltik) an, unterstützen die Verdauung und verhindern die Ansiedlung von krankmachenden Erregern. Außerdem produzieren sie hunderte neurochemischer Substanzen (z.B. Serotonin), die zur Steuerung neuronaler Funktionen wie Lernen und Gedächnisvermögen und zur Erzeugung von Stimmungen benötigt werden. Vor allem für die Vermeidung allergischer Überreaktionen spielen die Darmbakterien eine wichtige Rolle. Insbesondere Enterokokken und E. coli wirken immunmodulierend und helfen dabei, eine Toleranz gegen normalerweise ungefährliche Antigene auszubilden.
Durch Antibiotika und anderen Medikamenten(z.B. nichtseroidale entzündungshemmende Substanzen wie Acetylsalicylsäure, Protonenpumpenhemmer), aber auch durch Erkrankungen des Darmes, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, falsche Ernährung, chronischen Stress und weitere Belastungen kann das darmassoziierte Immunsystem gestört werden. Krankmachende Bakterien und Pilze können sich nachfolgend in der Darmschleimhaut ansiedeln. Dadurch entstehen Störungen des Magen-Darm-Traktes (Blähungen, Verdauungsprobleme) und des Immunsystems, wie Infektanfälligkeit oder überschießende Immunreaktionen im Sinne von Allergien. Der Körper reagiert mit reduziertem Wohlbefinden, Leistungsminderung und Infektanfälligkeit. Eine gestörte Darmflora kann nicht mehr richtig arbeiten und ihre immunologische Funktion nicht mehr ausreichend wahrnehmen.
An dieser Stelle setzt die Mikrobiologische Therapie ein. Sie arbeitet nicht antibiotisch, sondern probiotisch und stellt mit Hilfe ausgewählter, gesundheitsfördernder Bakterien das gestörte Gleichgewicht wieder her. Dadurch erreichen Darmflora und Immunsystem wieder ihre volle Leistungsfähigkeit. Häufig ist begleitend auch eine Ernährungsumstellung erforderlich.
Einen besonderen Stellenwert hat die Mikrobiologische Therapie in der Vorsorge während der Schwangerschaft und in der Stillzeit, da die Mutter einen Teil ihrer Schutzflora an das Kind weitergibt. Daher ist besonders bei familiärer Vorbelastung mit Allergien und Abwehrproblemen eine Scheiden- und Darmsanierung der Mutter anzuraten, da sonst die normalen, gesundheitsfördernden Mikroorganismen nicht ausreichend aufgenommen werden können.
Aus diesem Grunde kommt es auch bei Kindern nach steriler Kaiserschnittgeburt vermehrter Infektanfälligkeit, Bauchbeschwerden, Blähungen und kolikartigen Bauchschmerzen und in der Folge zu erheblichen Schlafstörungen. Neugeborene sollten daher nach Kaiserschnitt mit Probiotika theapiert werden. Wichtig ist auch, dass allergisch reagierende Mütter vor geplanten Kaiserschnittgeburten mindestens während der letzten 6 Wochen vor der Geburt mit Probiotika behandelt werden, um die Allgiegefährdung des Kindes zu verringern. Das gleiche gilt auch, wenn während der Schwangerschaft oder direkt nach der Geburt Antibiotika gegeben wurden.